Wie finde ich das richtige Gewicht im Krafttraining?

Wie finde ich das richtige Gewicht im Krafttraining?

Coach Roman verfolgte mit seiner Bachelorarbeit das Ziel, für ausgewählte Übungen, respektive Muskelgruppen, Referenzwerte zur Relation zwischen der Maximalkraft (1-RM) und dem Mehrwiederholungsmaximum (X-RM) zu ermitteln.

In den meisten Fällen findest Du folgende Angaben am Whiteboard (am Beispiel eines Kraftteils mit Back Squats):

  • Back Squat 5×5 oder Back Squat „Find a heavy set of 5“ oder Back Squat 5-5-5-5-5 (Variante 1)
  • Back Squat 5×5 @75% of 1-RM (Variante 2)

Während Du bei Variante 1 die Höhe der Gewichtslast nach eigenem Ermessen wählst bzw. mit Deinem Coach zusammen versuchst, ein passendes Gewicht zu finden (induktiver Ansatz der Intensitätssteuerung, später dazu mehr), bekommst du bei Variante 2 anhand der Prozentangabe genau vorgegeben, mit welcher Last Du trainieren sollst, vorausgesetzt Du kennst Dein 1 RM der entsprechenden Übung (auch dazu später mehr).

Im Rahmen seiner Studie an zwanzig fortgeschrittenen Fitness- und Gesundheitssportlern (überwiegend Mitglieder von CrossFit Leipzig) untersuchte Roman, wie hoch die realisierten Prozentangaben bei Deinen Back Squats für verschiedene Wiederholungsbereiche sind, um Referenzwerte als mögliche objektive Steuerungsgröße der Trainingsintensität zu finden. Die Studienteilnehmer wurden in zwei Stichproben unterteilt, welche, aufgeteilt in zwei unterschiedliche Intensitätsbereiche, nach drei Wochen Testgewöhnung, über acht Wochen hinweg standardisierte 1-RM- und X-RM-Testungen zu zehn verschiedenen Krafttrainingsübungen absolvierten. Als Ergebnis resultierten übungsspezifische Relationen und zahlreiche Referenzwerte, die verglichen und diskutiert werden konnten. Zudem konnten Lern-, Test-, bzw. Trainingsanpassungen anhand der Daten zur Testgewöhnung und der 1-RM-Tests beurteilt werden.
Roman konnte im Vergleich mit der bisherigen Studienlage bestätigen, dass aufgrund einer Vielzahl an Einflussfaktoren auf den Zusammenhang zwischen konzentrischer Maximalkraft und dem Mehrwiederholungsmaximum keine pauschalen Empfehlungen zur Trainingsintensität auf Basis maximal möglicher Wiederholungszahlen seriös ausgesprochen werden können.
Diese Einflussfaktoren können unter anderem Folgende sein:

Übungswahl (unilateral vs. bilateral, involvierte Gelenke, Oberkörper vs. Unterkörper, Gelenkwinkel, Freihantelübung vs. maschinengeführt), Tagesform (Motivation, Volition, Regeneration), Geschlecht, Krafttrainingserfahrung, Krafttrainingsspezifik, Krafttrainingszustand (Maximalkraftniveau), genetische Voraussetzungen, Bewegungstempo.

Doch was bedeutet das konkret für Dich als Trainierenden?
Sowohl der induktive Ansatz (Variante 1), als auch deduktive Ansatz (Variante 2) zur Intensitätssteuerung bieten Vor- und Nachteile. Du kannst versuchen, Dich an prozentualen Vorgaben zu orientieren, solltest Dich jedoch nicht nur stur nach diesen richten. Beachte stets, dass aus den oben aufgeführten Einflussfaktoren vermutlich nie eine „ideale Intensitätswahl“ für Dich als Individuum möglich ist. Daher kannst Du subjektive Einschätzungen (insbesondere für uns als Freizeit- und Gesundheitssportler) mit einfließen lassen und so für jede Trainingseinheit eine ansatzweise passende Intensitätswahl finden. Lass Dir dabei ruhig von Deinem Coach helfen und gleiche Dein Gefühl mit den Angaben ab.

Grundlegende Möglichkeiten der Intensitätssteuerung

Wie bereits oben erwähnt spricht man in der Trainingswissenschaft vom induktiven Ansatz der Intensitätssteuerung, wenn die Trainingsintensität vom subjektiven Belastungsempfinden des Trainierenden abgeleitet wird ¹. Speziell im Fitness- und Gesundheitssport wird dieser Ansatz vermehrt angewandt, da das subjektive Belastungsempfinden als Messinstrument für die Belastungsintensität zu jeder Zeit, ohne weitere Vorkehrungen treffen zu müssen, genutzt werden kann. Die Festlegung der Belastungsintensität kann somit auch ohne einen ausbelastenden Krafttest erfolgen ². Die induktive Methode kann entweder rein intuitiv erfolgen oder über die Verwendung von Skalen operationalisiert werden ².
Bei diesem induktivem Ansatz beinhaltet die Vorgabe häufig Angaben zur Trainingsintensität in Qualitäten wie z.B. „leicht“, „schwer“, „sehr schwer“ oder gar „maximal“ (in diesem Beispiel „heavy“).
Diese Steuerung der Trainingsintensität auf Basis subjektiver Einschätzung, kann jedoch kritisch hinterfragt werden ³⁴. So wird vielfach angeführt, dass bei Sportlern ohne Erfahrung mit muskelausbelastendem Training, die mangelnde Validität der subjektiven Belastungswahrnehmung, also die Einschätzung der Belastung, zu einem tendenziell suboptimalen Krafttraining mit individuell zu niedrigen Intensitäten führen kann ²⁵⁶⁷⁸.

Bei Variante 2 gibt Dir eine Prozentangabe genau vor, mit welcher Last trainiert werden soll. Dabei wird vorausgesetzt, dass Du Dein 1-RM (Einwiederholungsmaximum) kennst. In der Trainingswissenschaft wird diese Ableitung von Trainingsempfehlungen ausgehend von der maximalen dynamisch-konzentrischen Kraft (1-RM) als sogenannter deduktiver Ansatz der Intensitätsbestimmung bezeichnet ¹. Es wird zunächst getestet, wie hoch die maximale Last bei einer bestimmten Übung liegt (Maximalkrafttest; Wert wird mit 100% gleichgesetzt). Danach können die Trainingsintensitäten auf Basis dieses Maximalkraftwertes je nach Krafttrainingsbereich (Maximalkraft-, Hypertrophie-, Kraftausdauertraining) festgesetzt und die Trainingslasten berechnet werden ². Dieser deduktive Ansatz ist in der Praxis des Krafttrainings, speziell im Leistungssport, weit verbreitet ⁸⁹¹⁰¹¹¹²¹³.

Wie so oft im Training, lässt sich als Fazit also festhalten, dass jeder von uns unterschiedlich ist und daher auch mit der Wahl der Trainingsintensität so vorgegangen werden sollte. Den goldenen Weg gibt es bis dato also leider noch nicht. Bei Fragen darfst Du Dich aber gerne jederzeit an uns wenden 😉

 

Quellen:

¹ Willimczik, K. (1991). Belastung und Beanspruchung als Einflussgrößen der Sportmotorik.

² Eifler, C. (2013). Empirische Überprüfung der Effekte verschiedener Ansätze zur Intensitätssteuerung im fitnessorientierten Krafttraining (Dissertation). Universität des Saarlandes, Saarbrücken.

³ Fröhlich, M. (2003). Kraftausdauertraining. Eine empirische Studie zur Methodik. Göttingen: Cuvillier.

⁴ Fröhlich, M. & Schmidtbleicher, D. (2003). Belastungsintensität und Wiederholungszahl in Abhängigkeit von der Trainingsspezifität im Krafttraining. In Biologische Systeme, Mechanische Eigenschaften und ihre Adaptation bei körperlicher Belastung (G.-P. Brüggemann & G. Norey-Klapsing, S. 54–58). Hamburg: Czwalina.

⁵ Focht, B. C. (2007). Perceived exertion and training load during self-selected and imposed-intensity resistance exercise in untrained women. Journal of Strength and Conditioning Research, 21(1), 183–187.

⁶ Glass, S. C. (2008). Effect of a learning trial on self-selected resistance training load. Journal of Strength and Conditioning Research, 22(3), 1025–1029.

⁷ Glass, S. C., & Stanton, D. R. (2004). Self-selected resistance training intensity in novice weightlifters. Journal of Strength and Conditioning Research, 18(2), 324–327.

⁸ Ratamess, N. A., Faigenbaum, A. D., Hoffman, J. R., & Kang, J. (2008). Self-selected resistance training intensity in healthy women: The influence of a personal trainer. Journal of Strength and Conditioning Research, 22(1), 103–111.

⁹ Bompa, T. O., & Carrera, M. C. (2005). Periodization training for sports. Science-based strength and conditioning plans for 20 sports (2. Aufl.). Champaign: Human Kinetics.

¹⁰ Bührle, M. (1985). Grundlagen des Maximal- und Schnellkrafttrainings: Bericht über ein internationales Symposium vom 6. bis 8. Okt. 1983 in Freiburg. Schorndorf: Hofmann.

¹¹ Güllich, A., & Schmidtbleicher, D. (1999). Struktur der Kraftfähigkeiten und ihrer Trainingsmethoden. Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, 50(7+8), S. 223-234.

¹² Sheppard, J. M., & Triplett, N. T. (2016). Program Design for Resistance Training. In G. Haff, N. T. Triplett, & National Strength & Conditioning Association (U.S.) (Hrsg.), Essentials of strength training and conditioning (4. ed., S. 439–470). Champaign, IL: Human Kinetics.

¹³ Zatsiorsky, V. M., & Kraemer, W. J. (2008). Krafttraining. Praxis und Wissenschaft (3., überarb. und erg. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.

Adresse
Franz-Flemming-Str. 27, 04179 Leipzig
Mail
kontakt@crossfit-leipzig.de
Fon
0341-21948553
Anfahrt
Haltestelle Leipzig-Leutzsch, Rathaus Leutzsch oder Merseburg/Schomburgkstr. mit S-Bahn, Tram oder Bus erreichbar.