Herzratenvariabilität (HRV) ist eine Möglichkeit, Dein vegetatives Nervensystem zu messen. Diese Messwerte bieten Aufschluss über Deinen aktuellen Zustand und Deine Leistungsbereitschaft. Die HRV wird von vielfältigen Faktoren wie Deinem Training, Deiner Ernährung oder geistigen Gesundheit beeinflusst.
Die HRV misst nicht, wie oft irrtümlich vermutet, die Anzahl der Herzschläge, sondern den Abstand zwischen den Herzschlägen. Dein Herz schlägt nämlich nicht im Gleichtakt, das Tempo der Herzschläge verändert sich ständig. Diese Abstände werden anschließend miteinander verglichen. Je höher die Varianz dieser Abstände ausfällt, desto höher ist Deine HRV.
Aber wieso schlägt das Herz nicht im Gleichtakt? Das liegt an dem Zusammenspiel von Parasympathikus und Sympathikus. Der Parasympathikus ist für das Senken des Herzschlags verantwortlich. Er wird auch der Ruhenerv oder Erholungsnerv genannt. Wenn er die Oberhand hat, entspannen wir uns und der Puls sinkt. Der Sympathikus ist der Gegenspieler. Er erhöht Deine Leistungsbereitschaft, lässt den Puls ansteigen und kann Dich in den Flight-or-Fight Zustand versetzen. Sind beide Stränge des vegetativen Nervensystems im gleichen Maß aktiv, ist der Körper in der Lage, sehr schnell den Puls an die vorliegenden Gegebenheiten anzupassen. Daraus leitet sich eine erhöhte Leistungsbereitschaft ab. Die Varianz der Abstände zwischen den Herzschlägen steigt und so auch die HRV.
Weshalb ist eine hohe HRV gut für Dich?
Eine hohe HRV deutet auf einen guten Gesundheitszustand und ein hohes Fitnesslevel hin. Sie ist ein Zeichen für ein gutes Gleichgewicht zwischen Belastung und Erholung im Alltag. Darüber hinaus gibt die HRV Aufschluss über das bestehende Leistungspotential. Du kennst sicher diese Tage, an denen Du direkt am Morgen vor Energie strotzt. Dann ist deine HRV erhöht und der Körper ist bereit für Höchstleistungen. Ist die HRV niedrig, dominiert bereits ein Strang des vegetativen Nervensystems, meist der Sympathikus. Das ist ein Zeichen dafür, dass Dein Körper und Geist vielleicht eher eine Pause brauchen.
Wie hoch sollte Deine HRV sein?
Darauf kann leider keine pauschale Antwort gegeben werden. Die HRV sinkt mit zunehmendem Alter. Während die meisten Messungen bei 20-25 Jährigen zwischen 55-105ms schwankt, liegen die Ergebnisse bei 30-40 Jährigen bei 85-40ms. Aber auch wenn sich Deine Werte nicht in diesem Bereich wiederfinden, ist das kein Grund zur Panik, denn die Werte der HRV sollten individuell betrachtet werden. Es ist also nicht zielführend, dass Du Deine eigene HRV mit derer von anderen vergleichst. Viel wichtiger ist, dass Du die Entwicklung Deiner HRV über einen größeren Zeitraum betrachtest. Steigt sie an, ist es ein Anzeichen dafür, dass Du fitter und gesünder wirst und auch Dein biologisches Alter gesunken ist. Um eine Steigerung deiner HRV zu erreichen gibt es ein paar Dinge, die Du im Alltag beachten kannst. Schlafe jede Nacht genug, trinke wenig bis keinen Alkohol, reduziere Stress und ernähre Dich gesund. Darüber hinaus kannst Du dein Trainingspensum an die HRV anpassen. An Tagen mit erhöhter HRV kannst Du richtig Gas geben, an Tagen mit niedriger HRV ist es empfehlenswert die Intensität und Umfang des Trainings zu reduzieren oder gar einen Tag Pause einzulegen.
Die HRV kann von Dir also genutzt werden, um einzuschätzen, was Dich im Alltag besonders beansprucht und welche Maßnahmen zur Erholung bei Dir besonders gut funktionieren. Sie ist nicht nur für Leistungssportler relevant, sondern kann von jedem als Tool zur Optimierung der Alltagsbelastung genutzt werden.
Quellen:
Agelink, M. et al: Standardized tests of heart rate variability: normal ranges obtained from 309 healthy humans, and effects of age, gender, and heart rate. In: Clinical autonomic research : official journal of the Clinical Autonomic Research Society 11 (2). DOI: 10.1007/BF02322053.
Yukishita, Takehiko et al (2010): Age and Sex-Dependent Alterations in Heart Rate Variability. In: ANTI-AGING MEDICINE 7 (8), S. 94–99. DOI: 10.3793/jaam.7.94.